Viel besser geht's nicht, Thiod!
Erst Mal muss ich mich Janika, betreffend den Dschungel-Satz anschließen. Ich mag ihn, auch wenn ich jetzt nicht weiß, ob darauf Horror. Fantasy oder Sci-Fi folgt. Kann ja alles im Dschungel passieren. Wobei mir aber die Andeutung, nur weniges habe dort länger als einen Tag Bestand, durchaus etwas bedrohlich klingt. Ich selbst war noch nie im Dschungel, aber ich kann mir gut vorstellen, dass der tatsächlich so etwas altes, mächtiges an sich hat, wie es in diesem ersten Satz anklingt.
Ich war mehrfach im Dschungel. Der Regenwald ist primär unwegsam, man kommt schlecht vorwärts und kann wenig sehen, weil alles zugewuchert ist. Man kommt sich zwischen den riesigen Bäumen auch leicht verloren vor. Aber das ist natürlich nur mein realer Eindruck von meinen Reisen, er hat mit dem Text nichts zu tun, auch wenn der Eingangssatz ähnliche Eindrücke in Dir weckt.
Auch hier schlage ich vor, dass wir uns den Satz noch einmal gemeinsam anschauen:
1) Der Dschungel war Ewigkeit in der Gestalt der Wandlung, war so, wie er vor Jahrhunderten gewesen, und doch hatte nur Weniges in ihm länger Bestand als nur einen Tag.Was ich persönlich inzwischen schwülstig finde, ist vor allem das fehlende "war" hinter "gewesen". Das wird hier weggelassen, was grundsätzlich möglich ist, weil es schon vorher ein "war" gibt ("..., war so, ..."), aber es ist schon hart an der Grenze zur Lyrik, die Grammatik löst sich auf zugunsten einer Sprachästhetik. Zweitens ist der Satz lang (wie auch bei 12). Lange Sätze sind langsame Sätze. Bei Verfolgungsjagden zum Beispiel hat man daher viele kurze Sätze, das erzeugt den Eindruck eines hohen Tempos. Die nächste Schwäche in dem Satz ist meines Erachtens das letzte "nur". Erstens ist es eine Wortwiederholung (vor "Weniges" steht auch schon eine "nur"), zweitens ist es eine Wertung. Eine Wertung setzt voraus, dass der Erzähler nicht gänzlich über dem Geschehen schwebt, sondern emotional involviert ist. Das passt aber nicht zu dem Pathos von Größe und Ewigkeit - einer gott-ähnlichen Perspektive.
Wir haben also einen getragenen Einstieg, eine altertümelnde, beinahe lyrische Sprache, eine tendenziell epische Perspektive.
Passt das eher auf Fantasy, SF oder Horror?
Beim Handlungsschauplatz gebe ich Dir recht - einen Dschungel kann man in jeder Art Geschichte haben. Der Schauplatz hilf uns also bei dieser speziellen Frage nicht weiter.
Satz 8 denke ich, ist ein Briefkopf, vll. auch noch der Anfang einer Rede. Ich könnte mir Fantasy vorstellen, weil man Propheten nur da braucht, wo man auch was von Prophezeihungen hält. Aber ein sicheres Indiz würde ich es nicht nennen.
Hier nochmal der Satz:
8 ) Verehrter Hochprophet!Und ja, Du liegst komplett richtig. Es ist eine Anrede, in diesem Fall in einem Brief.
... halte ich beide für Fantasy. Ersteren hauptsächlich, weil "Wehrheim" eher traditionell als futuristisch klingt. Ich stelle mir dabei eine sehr solide Burg oder etwas der artiges vor (wegen des Wortbestandteils "Wehr"). ... Ferner nehme ich an, dass sich Wehrheim stark verändert hat, seit Xaira das letzte Mal da war - sonst hätte sie ja keine Probleme, das jetzt gesehene damit zu vereinbaren. Das weckt Neugierde, weil man sich fragt, was passiert ist: Gab es einen Umbau, wurden Teile zerstört oder hat sich irgendwie die Atmosphäre des Ortes verändert?
Perfekt. An Deinen Ausführungen sehen wir auch eine wichtige Eigenschaft, die ein Eröffnungssatz haben kann. Er etabliert nicht nur Stimmung und Erzähler und liefert erste Informationen, er wirft auch Fragen auf. Fragen sind Ungewissheit, Ungewissheit ist ein wesentliches Element der Spannung. Kennt Ihr das zweite wesentliche Element, das zu der Ungewissheit dazukommen muss, damit Spannung entsteht?
Den Satz 12 halte ich für Fantasy, weil ein Herzog vorkommt, der aus einer Porzellantasse Tee trinkt, was mir beides nicht so zukunfsttyosich vorkommt und Grund zum Gruseln gibt der Satz auch nicht. Für den Erzähler gilt ähnliches wie für den in 9, wenn auch dieser uns keine Gedanken vom Herzog offenbart sondern nur das äußerlich sichtbare. Könnte also auch sein, dass er die Gefühle nicht kennt. Im übrigen macht der Herzog einen unsympathischen Eindruck.
Deine Argumentation ist stichhaltig, auch wenn Du in diesem speziellen Fall danebenliegst. Es handelt sich um Science Fiction, aber nach diesem ersten Satz hätte es auch Fantasy sein können. Eine Form von Feudalismus ist übrigens in der Space Opera sehr häufig, wenn nicht dominant. Das liegt an der Überlegung, dass Sternensysteme sehr weit auseinanderliegen und einen hohen Grad an Autarkie benötigen - die Raumfahrt wird hier schnell äquivalent zur Seefahrt gesehen, mit weit verstreuten Kolonien, die jeweils von Gouverneuren verwaltet werden.
Woraus erwächst der unsympathische Eindruck, den der Herzog erweckt?