Zwei Wörter, die auf den ersten Blick das gleiche zu bedeuten scheinen und die sehr häufig durcheinandergebracht werden, sind
Hin und
Her, mit all ihren Kombinationen wie
Hinauf,
Herunter,
Hinab… Aber wann geht es hin, und wann geht es her?
Die Antwort hängt von der Perspektive des Sprechers ab:
- Her bewegt sich auf den Sprecher zu
- Hin bewegt sich vom Sprecher weg
In einer Geschichte ist es also immer wichtig, sich bewusst zu sein, aus wessen Sicht sie erzählt wird. Nehmen wir als Beispiel Bob. Bob ist auf den Baum geklettert und winkt seinem Bruder Ewald, der unten steht. Dabei verliert er den Halt und fällt. Aber fällt er jetzt hinunter oder herunter? Die Antwort ist: Er tut beides. Aus Bobs Warte fällt er hinunter, er bewegt sich von seinem alten Standpunkt weg. Aus Ewalds Sicht fällt Bob herunter, denn er kommt dabei auf Ewald zu. In einer Erzählung sieht das dann so aus:
Bob war stolz auf sich. Das sollte Ewald im mal nachmachen, in die Spitze hinaufzuturnen wie eine Katze oder ein Eichhörnchen! Jetzt versperrte nur noch wenige Blätter und dünne Zweige seine Sicht auf den freien Himmel, währen Ewald unten kaum zu sehen war durch das dichte Blätterdach. Ewald stieß sich auf dem Ast, auf dem er stand, so weit nach oben, wie er konnte, um größer auszusehen, hielt sich mit der rechten Hand fest und winkte mit dem ganzen linken Arm. »He, Ewald!« rief er. Doch zu mehr kam er nicht. Der Ast gab unter ihm nach, Bobs Füße rutschen weg, und ehe er noch versuchen konnte, sich wieder zu fangen, verlor er das Gleichgewicht und fiel hinunter.
Ewald traute sich gar nicht hinzusehen. Bob war schon viel zu hoch geklettert. In der Höhe würden ihn die Äste niemals tragen! Und der großvater hatte sie doch noch gewarnt, auf sich aufzupassen! Irgendwo weit oben sah Ewald Bobs rotes T-Shirt durch die Blätter blitzen, aber viel konnte er nicht erkennen, dafür war der Baum zu hoch und das Blätterdach zu dicht. Und wenn Ewald sich die Hände vor die Augen hielt, erkannte er natürlich noch weniger. Von oben hörte er Bob rufen, dann ein erschrockener Schrei, und dann - o nein! Bob verlor den Halt und stürzte herunter.
Aber nicht jeder Autor möchte mit so einer engen Perspektive arbeiten, bei der man direkt durch die Augen einer anwesenden Figur blickt. Manchmal gibt es einen Erzähler, der überhaupt nicht dabei ist, und manchmal ist der Erzähler noch nicht einmal eine Person, sondern nur ein neutrales Augenpaar, das von irgendwo auf die Szenerie blickt. In einem solchen Fall führt euch das Bild vor Augen und fragt euch, wo die Kamera aufgestellt ist und ob sich die Handlung auf sie zu oder von ihr weg bewegt.
Man kann sich den Unterschied einfach merken an dem Aufruf »Komm her!« - niemand würde »Komm hin!« sagen, wenn er möchte, daß sich jemand zu ihm gesellt. Aber obwohl das eigentlich so einfach ist, machen viele das falsch - selbst Erwachsene, die seit vielen Jahren schreiben. Wenn ihr das immer schon richtig gemacht habt - herzlichen Glückwunsch! Und wenn nicht - wir werden uns hier nach und nach typische Fallstricke der deutschen Sprache vornehmen. Denn die hat noch viele davon auf Lager…