Einen Roman auf den Weg zu bekommen ist ein ziemlicher Brocken. Ganz abgesehen vom Plot, den Figuren und dem ganzen Drumherum des Ausdenkens kommt noch Arbeit hinzu: Die eigentliche Schreiberei. Wenn man sich das mal versucht vorzustellen: Weniger als 250 Seiten sollte so ein richtiger Roman ja mindestens haben, 500 sehen schon besser aus, aber Hilfe, wann schreib ich das denn alles? Die Antwort auf diese Frage ist sehr häufig: "Morgen".
Natürlich, das ist verlockend. Bis morgen habe ich vierzundzwanzig Stunden, um über die nächste Szene nachzudenken, damit sie auch wirklich gut wird. Wenn ich die mir jetzt aus den Fingern sauge, um jeden Preis, das kann nichts werden. Morgen klingt gut. Aber am nächsten Tag steht man vor dem selben Problem, die Szene ist irgendwie kein bisschen deutlicher geworden als am Vortag, und überhaupt, morgen hat man eine Stunde früher frei und mehr Zeit, sich so richtig aufs Schreiben zu konzentrieren... Und so geht das immer weiter, plötzlich ist die Woche um, und was habt ihr geschrieben? Irgendwie gar nichts. Und dann, statt dass man sich endlich auf den Hintern setzt, holt man lieber mit der ganz großen Keule aus: "Hilfe! Ich habe eine Schreibblockade!" Und dann geht gar nichts mehr.
Stellt euch vor, das würdet ihr während einer Schularbeit machen. Die Aufgaben werden ausgeteilt, eine Kurzgeschichte zur Analyse, und je nachdem, in welcher Jahrgangsstufe ihr seid, müsst ihr zwei, drei, sechs, zwölf Seiten schreiben. Würdet ihr dann aufzeigen und sagen "Tut mir leid, ich kann die Arbeit heute nicht schreiben, ich leide an einer Schreibblockade"? Wahrscheinlich nicht. Statt dessen setzt ihr euch hin - und schreibt einfach. Und das Endergebnis muss nicht mal schlecht sein. Vielleicht ist es sogar sehr gut. In jedem Fall ist es aber besser, als gar nichts geschrieben zu haben.
Mit Romanen verhält sich das auch so, mit einem entscheideneden Unterschied: Die Klassenarbeit müsst ihr abgeben, Schluss, Aus, Fertig. Eine Szene, die ihr für einen Roman geschrieben habt, könnt ihr so lange überarbeiten, umschreiben, korrigieren, bis sie euch wirklich gut gefällt. Nur einmal geschrieben muss sie sein. Natürlich, niemand muss schreiben, wenn er keinen Spass daran hat, sich schlecht fühlt oder ganz andere Sachen zu erledigen sind. Aber oft hilft es, einmal dem inneren Schweinehund einen Tritt in den Allerwertesten zu verpassen und sich hinsetzen und schreiben.
Dabei hilft es, sich feste Ziele zu setzen. Zum Beispiel:
- Ich will jeden Tag eine halbe Stunde lang schreiben
- Ich will jeden Tag drei Seiten schreiben
- Ich will jeden Tag tausend Wörter schreiben
Die Einheit ist egal, Hauptsache, es ist etwas, das man zählen kann, weil man sonst vielleicht anfängt, sich selbst auszutricksen. Manchmal hilft es auch, sich eine Belohnung zu setzen: Wenn ich mein Ziel eine Woche lang durchhalte, geh ich ein Eis essen / kauf ich mir dieses Buch / darf ich ins Kino gehen. Es gibt aber auch Unterstützung im Internet: Wer im Forum mit anderen um die Wette schreibt, hat mehr Spaß, als wenn er das alleine tut.
Es geht nicht darum, unheimlich viel zu schreiben und ein Buch in einem Monat fertigzustellen - und wenn es jeden Tag nur eine halbe Seite ist, die Hauptsache ist, zu lernen, regelmäßig zu schreiben. Wer ein Musikinstrument lernt, ist daran gewöhnt, dass der Lehrer einem einbläut, auch jeden Tag brav zu üben. Sportler gehen zweimal die Woche zum Training. Auch das Schreiben lässt sich trainiern. Nicht nur das Tippen - auch ohne Maschinenschreibkurs schreibt man immer schneller, je besser man an seine Tastatur gewöhnt ist - auch Formulierungen fallen leichter, wenn man sich eine Routine anlernt. Das Schreiben verkommt damit nicht zu einer Fließbandarbeit, im Gegenteil: Meistens ist es so, dass je mehr man schreibt, desto mehr Spaß man daran auch hat. Jammern, dass man nicht schreiben kann, macht hingegen so rein gar keinen Spaß.
Und ihr? Was für Tricks habt ihr, um bei der Stange zu bleiben? Ich bin gespannt, was ihr euch so habt einfallen lassen...