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Sub-Plots und andere parallele Handlungen

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Darkness Claw:
Hallo Phanta-Menschen,

vor einigen Tagen habe ich endlich angefangen, den Sub-Plot für mein Gramir-Projekt niederzuschreiben.
Geplant hatte ich ihn schon lange und die Plätze für seine Kapitel wurden immer wieder herum geschoben, allerdings hatte ich nie wirklich die Muße um ihn tatsächlich zu schreiben, und wenn ich es versucht habe, ging es nur äußerst zäh voran und ich wollte eigentlich immer nur zurück zur eigentlichen Handlung.
Dazu kommt noch, dass ich den ursprünglichen Beginn des Plots nach hinten verlegt habe und der Sub-Plot nun etwa dreißig Jahre in der Vergangenheit liegt, was es mir persönlich noch schwieriger macht, mich in den Perspektiven der Personen einzufinden,
da sich zwischen den beiden Plots im Setting so viel verändert hat.
Nun zu meiner Frage: Wenn ihr derartige Zeitsprünge einbaut, ob in Zukunft oder Vergangenheit, kennt ihr solche Probleme auch?
Vor allem auch in Bezug auf einen Charakter, der in beiden Handlungssträngen vorkommt, denn bei einem Zeitsprung von vielen Jahren muss man ja auch persönliche Veränderungen in Betracht ziehen.
Je nachdem was das Schicksal mit ihnen anstellt, machen Menschen ja teilweise eine regelrechte 180 Grad Drehung in ihrem Leben,
allerdings muss man auf der anderen Seite den Charakter immer noch irgendwie wiedererkennen können.
Außerdem würde mich interessieren, wie ihr es mit der Häufigkeit bei parallelen Handlungssträngen handhabt (unabhängig von Zeitsprüngen).
Da der Sub-Plot in meinem Fall ohnehin nur auf einen bestimmten Punkt in der Haupthandlung zuspielt und dazu dient,
die Hintergründe für diesen Punkt aufzudecken, streue ich ihn nur alle paar Kapitel ein, versuche allerdings dafür,
die Kapitel in der gleichen Länge zu halten wie die des Hauptplots (es gibt ja durchaus auch Bücher,
in denen immer nur kleine Splitter auftauchen, die sich dann meist erst gegen Ende zu etwas Großem zusammensetzen).
Man könnte je nach Plot allerdings auch nach jedem Kapitel die Perspektive wechseln, wie beispielsweise George Martin in „Ein Lied von Eis und Feuer“,
auch wenn er es natürlich auf die Spitze treibt und immer zwischen fünf oder sechs verschiedenen Charakteren wechselt.
Auf der anderen Seite könnte man auch immer einige Kapitel hintereinander für jede Erzählperspektive schreiben und dann wechseln (wenn ich mich recht entsinne, war es bei Eragon so, und eventuell auch bei Herr der Ringe, allerdings bin ich mir bei Letzterem ziemlich unsicher).
Und im Bezug auf die genannten Bücher noch die Frage: Welche von diesen Möglichkeiten lest ihr selbst am liebsten?
Natürlich bieten solche parallelen Handlungen immer viele Gelegenheiten für Cliffhanger oder ähnliches, was beim lesen teilweise sehr frustrierend werden kann.
Schlimmer als das finde ich jedoch, wenn man als Leser das Interesse an einem der Plots verliert und sich nur noch durch diese Kapitel quält, bzw sie sogar einfach überspringt. Wenn sie jedoch gut umgesetzt sind, können mehrere Perspektiven mit ineinander verschlungenen Handlungen ein Buch wirklich bereichern und auszeichnen.

Ich bin gespannt auf eure Meinung zu diesem Thema.

lg,
Claw

JohnGreenFan:
Hey Claw,

ich hatte zwar noch nie so einen Zeitsprung in einem Plot, allerdings kann mich mir deine Probleme beim Hineinversetzen vorstellen. Ich würde dir raten, lass den Charakter ruhig ziemlich anders sein (wenn das von seinem Lebensweg her Sinn macht), diese Wandlung im Lauf der Zeit macht ihn interessant. Ich gehe mal davon aus, das der Leser von vorneherein weiß, wer das ist, oder?
Außerdem denke ich dass ältere Menschen ihre Gefühle besser kontrollieren können. Dafür haben sie oft ein engstirnigeres Weltbild. Natürlich gibt es von jeder Regel Ausnahmen, aber vielleicht hilft dir das ja ein bisschen...

"wenn man als Leser das Interesse an einem der Plots verliert und sich nur noch durch diese Kapitel quält"
(Meine Zitierfunktion funkt gerade irgendwie nicht genauso wenig wie die Smileys und wahrscheinlich alles andere :(  )
Das kenne ich irgendwie von mir bei Eragon, was aber nur an meiner subjektiven Wahrnehmung lag, dass mich Roran irgendwie mal zeitweilig genervt hat. Eigentlich finde ich Nebenplots immer sehr gut, vor allem so splittermäßig, wenn man dann irgendwann diesen Aha-Moment hat und sich so denkt "O mein Gott!!!"  :D

Liebe Grüße
Fan

Thiod:
Zur Zeitsprungfrage: Ich hatte bisher in zwei Projekten mit Zeitsprüngen zu tun. In meinem aktuellen Projekt gibt es einen Prolog, in dem die (im späteren verlauf toten) Eltern des Protagonisten sowie mein Protagonist als Kind vorkommen, später gibt es auch immer wieder Erinnerungssequenzen, die in der Zeit spielen). Hierbei ist das Problem allerdings nicht soo gravierend, da tote Leute ja nur einen Charakter in der Vergangenheit haben - und der Prota als Kind ist halt ein Kind, ich glaube, es ist nicht so schwer, jemanden einfach sehr kindisch darzustellen.
In einem anderen Projekt habe ich die Zeitsprünge ziemlich auf die Spitze getrieben (was dem Projekt allerdings nicht sonderlich bekommen ist). Ich hatte einen Haufen ewig junger Elfen, die sich über Jahrtausende immer mal wieder getroffen haben. Ich habe es da so gehandhabt (oder versucht), dass ich mir den Lebenslauf der Figuren überlegt habe und überlegt habe, welche definierenden Ereignisse im Leben welche Charakterveränderungen hervorrufen (z.B. Ariadni, die als junge, sehr leidenschaftliche, abenteuerlustige Person anfängt, aber nach dem Mord an ihrer Familie totale Gefühlskälte entwickelt, die nur manchmal von Wutanfällen durchbrochen wird, später entwickelt sie dann aber doch wieder mehr oder weniger gegen ihren Willen Zuneigung zu anderen.) So kann ich dann, wenn ich eine Szene schreibe, den Charakter danach bestimmen, welche Ereignisse schon stattgefunden haben und wie lange sie her sind.
Zu Nebenplots: Ich denke, die meisten guten Geschichten wechseln öfters Mal zwischen Handlungssträngen. Ich erinnere mich allerdings auch, dass es bei Eragon Momente gab, wo ich nur gedacht habe: Nicht schon wieder Roran!
Ob es eine Art der Abwechslung gibt, die besonders gut ist, weiß ich nicht. Ich glaube, die kapitelweise Abfolge hilft dem Leser, wenn die Handlungen zeitlich parallel verlaufen (das war was, was im Herrn der Ringe manchmal schwer zu erinnern war, weil da die Handlungsstränge ja Buchweise gewechselt haben - nicht, dass es dort wirklich stören würde). Andererseits kann kapitelweises Springen auch etwas hektisch sein.
Wenn du einen Plot nur als "kleinere" Hintergrundgeschichte einbaust, könnte ich mir auch vorstellen, dass man versuchen könnte, Teile einzubauen, wenn die thematisch passen, z.B., wenn in der Haupthandlung Figuren, Orte und Folgen der Vorgeschichte auftreten, der Leser ahnt dann einen Zusammenhang, kann ihn aber vll. noch nicht klar benennen und findet erst nach und nach das Muster der Einstreuungen heraus. Ist vermutlich aber schwierig umzusetzen.
Perspektivwechsel: Perspektivwechsel sind ja nicht immer gleichbedeutend mit Wechseln in den Handlungssträngen. Bei Perspektivwechseln würde ich immer in erster Linie danach gehen, wessen Wahrnehmung der Geschehnisse am erzählenswertesten ist. Allerdings sollte bei mehreren Hauptfiguren schon ein gewisses Gleichgewicht bestehen, würde ich sagen.

Viele Grüße,
Thiod.

Jakob:
Hi Claw,

auch wenn meine Protagonisten vermutlich wegen einer Zeitreise sehr schnell altern werden, wird das wahrscheinlich nur um zwei, drei Jahre sein. Mit dreißig Jahren also nicht zu vergleichen.
 Bis jetzt würde das mit dem Zeitreisen sowieso erst im Folgeband drankommen, aber ich hab mir schon ein parr Gedanken gemacht:
 Wie es so mit Zeitreisen eben ist, gibt es mehrere Personen, die eben schon früher leben und sich dort teilweise völlig anders verhalten. Besonders spannend ist es bei mir bei einer Person, die bald sterben wird (*böse grins*), aber quasi ja davor noch gelebt hatte. Wie ich das dann mache und ob ich diese Person dann auch wirklich miteinbaue oder als diese ausgib, muss ich mir noch überlegen.

JohnGreenFan hat ja schon gefragt, ob der Leser auch am Anfang weiß, ob dieser die Person von vor dreißig Jahren war. Wenn das nämlich mit dem Plot vereinbar wäre, hört sich das für mich schon mal wie eine Schockgarantie für den Leser an, wenn dieser dann herausfindet, dass diese Figur der stark veränderte Prota von damals war.

Zur Veränderung: Ich hab zwar mal gelesen, dass ein Mensch sich innerhalb von etwa sieben Jahren seinen Typ mehr oder weniger ziemlich verändert, allerdings sollte  diese halt auch verschieden Gründe haben und auch nicht extrem unrealistisch sein z.B. vom ruhigen, schüchternen Bibliothekar zum rampenlichtgeilen Rockstar. 
Na ja, vllt nicht ganz dem Setting angepasst, aber ich glaube, du weißt, was ich meine.  ;D

Für mich ist ein Sub-Plot zwar eher eine Nebenhandlung (klassischerweise eine Liebesstory) und nicht zwingend eine parallele Handlung, aber vielleicht irre ich mich auch.

Besonders wichtig für das Einsetzen von parallelen Handlungen und Sub-Plots, finde ich, ist der richtige Zeitpunkt. Am besten an der spannendsten Stelle aufhören und dann die Perspektive wechseln und einen anderen Handlungsstrang erzählen. Dann liest man diesen, auch wenn er nicht ganz sooo spannungsgeladen ist, um zu erfahren, wie´s
weitergeht.

Liebe Grüße,
Jakob

Thiod:
Ja - das mit der spannenden Stelle machen viele Leute - allerdings sollte die Nebenhandlung deshalb keinesfalls schlechter sein - als der Rest! (Leser merken nämlich auch, wenn man solche Tricks 'gegen' sie einsetzt). Wenn sie nicht so erzählenswert ist, wie der Rest, sollte man vll. eher darüber nachdenken, sie nur in kurzen, zusammenfassenden Erzählungen durch Figuren wiederzugeben - aber ein guter Nebenstrang kann viel Spaß machen - zwar ärgert man sich als Leser immer am Anfang etwas, wenn die Haupthandlung liegengelassen wird - aber wenn mand ie Nebenhandlung lieb gewinnt, dann sitzt man irgendwann bei jedem Wechsel zwischen den Strängen da und will wissen, wie es weiter geht - und dann ist es gut gemacht.

Viele Grüße,
Thiod.

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