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Werkstatt => Tipps und Tricks => Thema gestartet von: Darkness Claw am 31. August 2013, 03:37:07

Titel: Perspektivenwechsel
Beitrag von: Darkness Claw am 31. August 2013, 03:37:07
Hey,

Mich würde mal interessieren ob und wie ihr Perspektivenwechsel einsetzt. Mir hat es schon immer gefallen mehrere Handlungen paralell zu haben, ob ich nun lese oder schreibe. Man kann es ja ganz streng halten und immer nach ein- oder zwei Kapiteln wechseln, ich ziehe es aber eher vor eine "ungezwungenere" Art zu verwenden, sprich das eine Hauptperson auch einmal nur wenige Kapitel eine eigene Rolle haben, weil sie sich nur für kurze Zeit von dem eigentlichen Prota trennen o.ä.
Benutzt ihr Perspektivenwechsel und wenn ja auf welche Weise?

Grüße,
Heldenschmied
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: Wolkentänzerin am 31. August 2013, 10:46:43
Hi!
Also ich benutze sie manchmal, aber eher unbewusst. In meinem einen Projekt gibt es ja drei Hauptpersonen, die alle gleichwertig sind. Deshalb schreibe ich aus einer Erzählersicht, die aber auch oft nur von einer Person ausbezogen erzählt. Mir fehlen gerade die Worte um das zu beschreiben. :)
Deshalb verwende ich auch Perspektivenwechsel, und mache das einfach wenn es passt. Ich wähle das so aus, aus welchen Sicht es jetzt interessanter/wichtiger ist es zu erzählen. Dadurch dauert die Perspektive einer Person sehr unterschiedlich lang: Mal nur einige Zeilen, mal ein halbes Kapitel. Im 2.Band der Serie zum Beispiel wurden die Drei am Höhepunkt getrennt, sodass ich stets bei den spannenden Stellen die Perspektive wechselte.
Bei meinem zweiten neueren Projekt mache ich das schon strukturierter. Der Prolog ist aus der allwissenden Erzählerperspektive geschrieben. Vor jedem Kapitel kommt stets statt eines Namens oder Nummerierung, zwei, drei oder auch mal vier Sätze aus der Ich-Perspektive der männlichen Hauptperson die die wichtigsten Gedanken des Kapitels zusammenfasst, aber kaum etwas verrät. Das ganze ist kursiv und zentriert geschrieben um sich vom Rest abzuheben. Danach kommt das Kapitel ganz klassisch erzählt aus der Ich-Perspektive der weiblichen Hauptperson.

Ob das jetzt beide Methoden jeder Manns Sache ist bezweifel ich, aber so "funktionieren" meiner Meinung nach die Geschichten richtig.
LG Wolkentänzerin
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: ImaginaryFriend am 31. August 2013, 11:36:35
Als Leserin mag ich Perspektivenwechsel, wenn sie für die Geschichte notwendig sind, sehr gern. Gerade bei einer komplexeren Handlung bringt eine oder mehrere andere Perspektiven noch mal gute neue Aspekte mit rein, die die Handlung interessanter und spannender machen können. Allerdings bin ich kein Fan von allzu vielen und unstrukturierten Perspektivwechseln. Alles was über 4 verschiedene Sichtweisen hinausgeht nervt mich meistens, weil ich dann den Kontakt zu den anderen Figuren verliere. Ist allerdings nur mein persönlicher Geschmack und ich kenne viele Bücher mit riesigen Fankreisen, die noch viel mehr Perspektiven haben.
Wozu allerdings viele Autoren neigen, und was ich eigentlich unverzeihlich finde, ist es, Perspektivwechsel zu nutzen um langweilige Passagen zu "überbrücken" und den Leser quasi zum weiterlesen zu zwingen: Protagonist 1 schwebt in Lebensgefahr/ ist dabei seine große Liebe zu küssen/ steht plötzlich seinem Todfeind gegenüber... das Kapitel ist zu Ende und weiter geht ist mit Protagonist 2, der seit drei Kapiteln allein durch die Wüste zieht. Man will natürlich wissen wie es mit Protagonist 1 weitergeht, muss sich aber erst durch ein 20 Seiten langes Wüstenkapitel mit Protagonist 2 quälen. In solchen Situationen bin ich oft gewillt Kapitel zu überspringen und ich denke, dass ist nicht die Intention des Autors. Jedes Buch hat auch langweiligere Passagen, aber es sollte sich in Grenzen halten und nicht mit "billigen" Cliffhangern kaschiert werden.

Als Autorin hatte ich sowohl Projekte mit mehreren Perspektiven, als auch einige mit einer Perspektive. Ich finde es muss immer begründet sein und auch zum Roman passen. Auf biegen und brechen mehrere Erzähler rein zu quetschen halte ich für schlecht, wenn aber jede Perspektive ihren Zweck erfüllt, ist es ein gutes Mittel.
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: Darkness Claw am 31. August 2013, 12:32:45
Von diesen Cliffhangern halte ich auch nicht viel, auch wenn es leider recht weit verbreitet ist. Bücher können auch gut ohne Perspektivenwechsel auskommen (Harry Potter hat ja so viel ich weiß keine, nur als Beispiel).
Ich benutze die Wechsel auch gern um verständlicher und logischer zu zeigen, wie eins zum anderen führt. Willkürliche und unnötige Wechsel mag ich nicht, da sie gerade oft nur dafür da sind, um eben solche "Cliffhanger" zu produzieren. In meinem aktuellen Projekt habe ich bisher nur einen Wechsel eingebaut, doch ich werde eine weitere Protagonistin ebenfalls mit einem Perspektivenwechsel einführen.

Grüße,
Heldenschmied
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: Thiod am 31. August 2013, 22:43:24
Harry Potter hat normalerweise nur die 3.Pers.-Harry-Sicht, stimmt. Allerdings beginnt ab dem 4. Band jedes Buch mit einem Kapitel aus einer anderen Perspektive (obwohl ich beim 5. gerade nicht mehr sicher bin). Beim 4. ist es der Gärtner der Riddles, beim 6. der Muggle-Premier und anschließend Narcissa (oder nee, ich glaube eine Allwissender Erzähler, weiß nicht mehr) und im 7. irgendwelche Todesser.
Das mit den Cliffhängern ist mir bei Eragon im 2. Band aufgefallen, da hat es mich schon irgendwie genervt.

In meinem einzigen bisher fertigen Projekt, wechsele ich sehr willkürlich die Perspektive, jenachdem, wessen Gedanken ich gerade besonders interessant finde. Ein klein wenig von dieser Cliffhänger-Sache ist auch dabei, allerdings bin ich überzeugt, dass die jeweils andere Passage auch nicht langweilig ist, von daher... Ich habe ziemlich viele Personen, aus deren Sicht beschrieben wird, auch wenn manche nur wenige Seiten im gesamten Buch haben (meine persönliche Lieblingsfigur etwa hat im ganzen Buch nur 6 Seiten...).

In meinem derzeitigen Projekt (zudem, dass ich kürlich ins Romanboard gestellt habe) versuche ich, ein wenig konsequenter mit den Perspektiven umzugehen. Eigentlich habe ich nur zwei. Allerdings habe ich dann doch an ein paar Stellen eine dritte eingeführt -es musste einfach sein. Und in weiteren Szenen werde ich darauf wohl auch noch mehrmals zurückgreifen. Aber eigentlich will ich die Kapitel halbwegs durchgängig schreiben.

Viele Grüße,
Thiod.
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: KaZuko am 01. September 2013, 09:24:44
Hallo, Held.

Als Leserin halte ich es genauso wie Toni (übrigens: Hallo, Toni. :) ): Zwei Perspektiven sind super. Sie bringen Abwechslung, Spannung und können zudem viel mehr Blick in die Handlung bringen als eine einzige. Bei drei wird es bei meinem Lesevergnügen schon kritisch, vor allem, wenn sie gerechte Auftrittsanteile bekommen. Sobald es mehr Perspektiven sind, habe ich schon keine Lust mehr, weiterzulesen. Spontan fällt mir Tintenherz mit Brüdern ein, bei denen zumindest der zweite Band dank der unzähligen Perspektiven in tausende Teile gesplittert wurde. Nur aus diesem Grund konnte ich mich nicht überwinden, den letzten Band auch noch zu lesen, obwohl er bei mir im Regal steht.
Also für mich: Eine Perspektive in Ordnung, wenn gut gemacht. Zwei optimal. Drei kritisch. Mehr als drei sind die pure Hölle - außer, es ist wirklich außerordentlich gut geschrieben.

Als Schreiberling handhabe ich es ähnlich. Meine ersten Großprojekte, die drei Trilogiebände, habe ich jeweils aus zwei Perspektiven geschrieben, die der beiden Protas. Grund hierfür war einerseits die oftmals große geografische Distanz zwischen ihnen (wer den Thread im Romanboard gelesen hat, weiß, was ich meine) und andererseits parallele Handlungsstränge. Davon abgesehen wäre es nur halb so spannend, wenn nur Meily erzählen würde - von einer nur-Shiran-Erzählung ganz zu schweigen, da dabei sowohl Meilys Menschengedanken berichten, als auch ein genauer Einblick in das übernatürliche Volk durch einen von ihnen - Shiran - gewährt wird. Dabei sind beide Perspektiven aus der Sicht der 3. Person geschrieben.
Beim nächsten Großprojekt, das ich sicherlich bald im Romanboard vorstellen werde, hatte ich zu Anfang geplant, es komplett aus der Sicht meiner Protagonistin zu schreiben, und das mit der 1. Person. Bis Seite 16 hat das auch wunderbar funktioniert ... dann wurde mir aber der Drang, auch den Protagonisten näher ins Geschehen zu bringen, viel zu groß. Ich begann, Stück für Stück, aus seiner Perspektive zu erzählen. Vorerst waren seine Anteile sehr klein, wurden jedoch schnell größer, bis er schließlich genauso lange Perspektiv-Kapitel hatte wie die Protagonistin. Wie gesagt: Ich habe es versucht! Aber sobald ich zwei gleichwertige Protagonisten habe, komme ich nicht um die zwei Perspektiven herum.

Beim Vorausdenken zu nächsten Projekten schwebt mir so nur eines vor, in dem es wirklich nur einen Protagonisten gibt, während wichtige Personen kommen und gehen. Sprich: Zu kurz da sind, um wirklich aus ihrer Perspektive zu berichten. Das zumindest ist mein Gefühl. Ansonsten bin ich, wie gesagt, der zwei-Perspektiv-Mensch.

Grüße,
Servi
Kazu
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: Writing_Chrissi am 01. September 2013, 17:07:51
Das Thema passt gerade perfekt :)
Ich habe mich erst letztens dazu entschieden, demnächst zwischen 3 Perspektiven zu wechseln.
Da wäre einmal meine Ich-Erzählerin Lia, die meine eigentliche Haupterzählerin ist.
Dann noch meine 2. Ich-Erzählerin Sophia. Sie ist die Freundin von Lia und erzählt auch ab und zu mal aus ihrer Sicht.
Und jetzt noch jemand, bei dem ich mich gefragt habe, wie ich das am Besten anstelle, weil ich mich unwohl gefühlt hätte, bei ihr aus der Ich-Perspektive zu schreiben. Also habe ich mich entschlossen, bei dieser Person in der 3.Person zu schreiben.
Wie findet ihr die Idee von der Ich- auf die Er/Sie-Perspektive zu wechseln?
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: KaZuko am 01. September 2013, 18:04:46
Hey, Chrissi.

Ich vergaß ganz zu sagen, dass der zweite Prota des aktuellen Projekts wie bei dir aus der 3. Person erzählt, während die Protagonistin die Ich-Erzählerin ist. Ich finde das also überhaupt nicht schlimm, eher noch ziemlich cool. :)

Servi
Kazu
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: Thiod am 01. September 2013, 22:27:21
Wenn die Wechsel eindeutig sind, kann man sowas ohne Frage machen. Ich selbst habe es zwar noch nie versucht, aber beim lesen stört es mich nicht.

Viele Grüße,
Thiod.
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: KaZuko am 02. September 2013, 10:01:56
Hallo Thiod.

Sie sind eindeutig durch einen Abstand von drei Absätzen und einen vergrößerten Anfangsbuchstaben des neuen Perspektivabsatzes gekennzeichnet. Ich denke, viel mehr könnte man nicht tun, außer jeder Perspektive ein eigenes Kapitel zu geben, was mir nicht im Traum einfallen würde (siehe den Kapitellängenthread).

Grüße,
Servi
Kazu
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: Miezekatzemaus am 02. September 2013, 20:06:20
Hallo!!
Also, ich schreibe aus der Sicht des begleitenden Erzählers, habe aber die Erfahrung gemacht, dass ich auch aus der Tagebuchperspektive gut schreiben kann.
Lg, Mieze :D
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: Thiod am 02. September 2013, 22:06:00
Bei Tagebüchern habe ich persönlich das Problem, dass sie, wenn sie wirklich autentisch wie Tagebücher wirken sollen, die Handlung nicht so Detailreich schildern können. So schreibt man in einem Tagebuch etwa nur ganz wenige Gespräche in wörtlicher Rede. Ich bin einfach ungeübt darin, in so einer eingeschränkten Technik eine gute Geschichte zu schreiben und halte mich daher meist an gewöhnliche Ich-Erzähler, wenn ich denn überhaupt Ich-Erzähler nutze.

Viele Grüße,
Thiod.
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: Thea am 20. Oktober 2016, 21:08:50
Hallo zusammen,
ich dachte, ich wärme mal den Thread wieder auf, anstatt den gleichen nur anders formuliert neu zu eröffnen.
Ich habe ein Problem bei meinen NaNo-Planungen (Okay, ich habe mehrere, aber die sind nicht so schlimm, und außerdem ist das OT). Im Gegensatz zu euch mag ich Perspektivenwechseln beim Lesen nicht so wirklich, eher gar nicht. Mein NaNo-Projekt würde das aber irgendwie erfordern, weil der Plot nur aus seiner SIcht viel zu dramatisch ist. Es würde zwar funktionieren, aber das Ganze wäre echt nur theatralisch, und das will ja auch keiner Lesen. Außerdem hatte ich die Idee eh aus ihrer Perspektive. Aber wie gesagt kann ich mich mit dem Gedanken, aus zwei Perspektiven zu schreiben, nicht wirklich anfreunden.
Falls irgendjemand einen Tipp hat, wäre ich echt dankbar, weil es ja nicht mehr lang hin ist.
LG
Thea
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: Thiod am 21. Oktober 2016, 18:07:23
Allwissenden Erzähler? Der wirkt zwar meist etwas ungeübt und so, aber vor 100 oder 200 Jahren war er noch vollkommen akzeptiert. Wenn man ihn gut einsetzt, kann man das bestimmt als besonderes Stilmittel in Mitten einer literarischen Umgebung, die nur personlae Erzähler nutzt, verkaufen...

Oder wo du schon Theater erwähntest (wenn auch nicht in Positivem, ich weiß...): Gar keine Perspektive? Einen Erzähler, der nur beobachtet. Ich weiß, dass man sich daran die Zähne ausbeißen kann, weil man nicht einfach mal schnell sagen kann, was x oder y denkt - aber NaNo ist ja auch eine Möglichkeit zum Experimentieren...

Das wären so meine sponatenen Ideen.

Viele Grüße,
Thiod.
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: Thea am 21. Oktober 2016, 21:19:45
Hallo Thiod,
danke für die Antwort. Allwissenden Erzähler? Das habe ich auch noch nie probiert. Personalen Erzähler habe ich schon ein paar Mal geschrieben.
Zur zweiten Möglichkeit... Puh, das klingt wirklich wie eine Herausforderung. Aber womöglich ... Naja, wenn ich so darüber nachdenke, wäre das vielleicht sogar wirklich was. Mal schauen.
Danke! :)
LG
Thea
Titel: Re: Perspektivenwechsel
Beitrag von: Thiod am 22. Oktober 2016, 13:56:06
Der Er- und der Ich-Erzähler sind ja beide personale Erzähler, von daher sind es doch die, die zur Zeit am meisten verwendet werden - wenn mich mein Eindruck nicht täuscht.
Und ich freue mich, wenn ich helfen konnte.
Ansonsten lässt sich feststellen, wenn man viele Bücher genauer ansieht, dass die meisten Autoren nicht einen ganzen Roman die selbe Erzählform verwenden. Als wir in der Uni den Sandmann analysiert haben, haben wir darin so ziemlich jede mögliche Erzählform auf nur wenigen Seiten gefunden - und es wirkte trotzdem nicht chaotisch. (Ich habe natürlich dem gegenüber auch auf fanfiction-Seiten schon die schrecklichsten Perspektiv-und-Erzählform-Wechsel gelesen, die nur chaotisch wirkten, es ist also - wie so ziemlich alles - eine Frage des Könnens). Was ich eigentlich sagen wollte ist, dass man auch ohne immer zwischen zwei Personalen-Erzählern (z.B. der Er-Perspektive und der Sie-Perspektive) zu springen, auch andere Erzählerwechsel (z.B. zwischen außenstehendem, allwissendem und personalem Erzähler) einflechten kann, die nicht so penetrant sind und trotzdem erlauben, Dinge einzubauen, die mit nur einer Erzählform nicht machbar wären.

Viele Grüße,
Thiod.