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Autor Thema: Wir und unsere Antagonisten  (Gelesen 11658 mal)

Offline Thiod

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Wir und unsere Antagonisten
« am: 23. Juni 2014, 21:28:52 »
Hallo,

ich habe gerade über meinen Antagonisten in Erben des Thrones nachgedacht - vll. habt ihr schon gemerkt, dass ich gerne über Antagonisten - meist sage ich allerdings Bösewichte, obwohl das etwas pauschalisiert - rede - jedenfalls fand ich, dass es interessant ist, welches Verhältnis wir eigentlich zu diesen Figuren haben, die unseren Protas das Leben zur Hölle machen und in einer Vielzahl von Geschichten ein  teils unrühmliches Ende finden.
Mögen wir sie? Oder teilen wir den Hass, den möglicherweise vorhandenen Hass unseres Protagonisten? Sehen wir in ihnen auch Ähnlichkeit zu uns, unserer "dunklen Seite" vielleicht? Haben wir mit ihnen auch innere Zwigespräche?

Ich selbst denke viel über meinen Xelbot nach, da ich immernoch verstehen will, warum er ist, wer er ist. Ich meine, er hatte eine Bilderbuchkindheit und ist total begabt in praktisch allem. Und nur aus Jugendlangeweile versucht man nicht, die Welt zu beherrschen. Mittlerweile verstehe ich ihn immer besser - und er hat tatsächlich ein paar Schwächen, die auch ich selbst besitze - jedoch viel stärker ausgeprägt. So eine Mischung aus Aroganz und Minderwertigkeitskomplexen könnte man es vielleicht nennen. Und ich ertappe mich ständig dabei, dass ich irgendwelche alternativen Geschichten entwerfe, in dem es mit ihm anders läuft - oder wenigstens mit seinen Kindern. Ich finde es einfach selbst so traurig, dass er sich so unrettbar in der Dunkelheit verstrickt hat.
Gleichzeitig habe ich manchmal auch eine ziemlich scherzhafte Weise, mit ihm zu reden. Ich war selbst etwas überrascht, als ich ihm heute mit dem augenzwinkernden Spitznamen "böser Beatle" kam - weil er Sänger war, bevor er die Harfe an den Nagel hängte und Diktator wurde.
Ab und an versuche ich auch ein paar seiner Lieder zu schreiben - und das Interessante dabei ist, dass ich dabei das Gefühl habe, wirklich nicht mehr wie ich, sondern wie er zu denken, solchen Kram würde ich sonst nie schreiben. Ich glaube, ich kann von Glück sagen, dass er mit dem Dichten aufgehört hat, als er richtig böse wurde. Sonst wäre das für mich etwas sehr unheimlich...

Viele Grüße,
Thiod.
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Offline Bydysawn

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Re: Wir und unsere Antagonisten
« Antwort #1 am: 24. Juni 2014, 13:51:13 »
Hallo Thiod! Ein schönes interresantes Thema nach meinem Geschmack.

Mögen wir sie? Oder teilen wir den Hass, den möglicherweise vorhandenen Hass unseres Protagonisten? Sehen wir in ihnen auch Ähnlichkeit zu uns, unserer "dunklen Seite" vielleicht? Haben wir mit ihnen auch innere Zwigespräche?

Ich mag meine Antagonisten etwas. Manchmal ja, manchmal nein. Innere Zwigespräche? Natürlich! Das macht doch einen perfekten Antagonisten doch erst aus! Mit der Ähnlichkeit zu der 'dunklen Seite', würde ich sagen: Ja, da ich sowieso ein Mensch bin, der viele Gesichter haben kann. Manchmal total verrückt. Manchmal der totale Vernuftsmensch. ;)

Ab und an versuche ich auch ein paar seiner Lieder zu schreiben - und das Interessante dabei ist, dass ich dabei das Gefühl habe, wirklich nicht mehr wie ich, sondern wie er zu denken, solchen Kram würde ich sonst nie schreiben.

Kenne ich. Ab und zu denke ich nach, wie man einen Chara am besten umbringen kann, aber eigentlich bin ich der totale 'wieso muss er jetzt sterben und nicht an Altersschwäche'- Typ.

LG
Byd
Jemand mit einer neuen Idee gilt solange als Spinner, bis sie sich durchgesetzt hat.

Ich bin nicht gestört nur eine Limited Edition!!!

Offline Writing_Chrissi

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Re: Wir und unsere Antagonisten
« Antwort #2 am: 24. Juni 2014, 13:56:12 »
Hey Thiod :)

Tatsächlich geht es mir genauso wie dir. Ich habe momentan so eine Phase, in der ich sehr viel über Leon nachdenke und mich frage, ob es nicht anders hätte laufen können. Ich bin mittlerweile schon so weit, dass ich es fast schon nicht mehr ertrage, dass er am Ende sterben soll, wo er doch eigentlich gar nichts dafür kann, dass er so geworden ist. Es mag dumm klingen, aber ich werde mein Ende womöglich nochmal überdenken...

Ich hatte eigentlich gedacht, dass ich Leon nicht leiden kann und als die Idee für das Buch in meinem Kopf entstand, war er wirklich meine Hassfigur. Aber mit der Zeit habe ich ihn besser kennengelernt und nun ist er fast schon meine Lieblingsfigur, obwohl er für einige Tode verantwortlich ist.

Zitat
Sehen wir in ihnen auch Ähnlichkeit zu uns, unserer "dunklen Seite" vielleicht?
Ganz einfach gesagt: Ja. Jetzt, wo ich so darüber nachdenke, hat Leon tatsächlich viele Eigenschaften von mir. Wahrscheinlich verstehe ich ihn deswegen so gut? Keine Ahnung...

Lg Chrissi
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Offline Thiod

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Re: Wir und unsere Antagonisten
« Antwort #3 am: 24. Juni 2014, 19:25:28 »
Chrissi, diese Entwicklung von der Hassfigur zu jemandem, den man kaum sterben lassen möchte, erlebt mein Xelbot/Kelboth auch. Wobei er ziemlich böse wäre, dass ich den Namen hinter dem Schrägstrich hier hingeschrieben habe... er würde darauf bestehen, dass das nicht mehr sein Name ist, und dass das eine naive Schwäche von mir ist, dass ich noch immer den Mann in ihm sehen will, der er einmal war und dass er sich nun zu seiner wahren Größe aufgeschwungen habe, blabla - argh, ich weiß das doch, Xelbot!
Jedenfalls war er am Anfang nur ein dunkler Schatten irgendwo im Süden in einem verödeten Land und dunkel und unnahbar wie die Hölle selbst. Dann dachte ich mir, dass ich doch seine Geschichte kennen muss - und dann habe ich den kennengelernt, der er einmal war - und jetzt kann ich kaum mehr glauben, dass dieser jemand wirklich für immer verschwunden sein soll und nur dieses Biest von einem Mann zurückgelassen haben soll, dass er nun ist. Die Geschichte spricht dafür, dass es für ihn keine Rettung mehr gibt. Aber, was wenn doch...? Dann ist mein Prota am Ende daran schuld, dass einer der außergewöhnlichsten Männer aller Zeiten für die Ewigkeit in die Schatten verbannt wird... naja, Xelbot hat es natürlich schon sich selbst zuzuschreiben, aber trotzdem.
Ich glaube, dass ich in so eine Richtung denke, meint wirklich, dass ich mittlerweile meinen Anta wirklich ziemlich gerne mag. Zumindest, was er einmal war.

Viele Grüße,
Thiod.
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Offline Writing_Chrissi

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Re: Wir und unsere Antagonisten
« Antwort #4 am: 24. Juni 2014, 21:20:52 »
Zitat
und jetzt kann ich kaum mehr glauben, dass dieser jemand wirklich für immer verschwunden sein soll und nur dieses Biest von einem Mann zurückgelassen haben soll, dass er nun ist.

*seufzt* Seitdem ich vor ein paar Wochen Leons Geschichte bis ins kleinste Detail ausgearbeitet habe, kann ich ihn nur noch als den vierjährigen Jungen sehen, dem zu viel Unrecht widerfahren ist und der zu schwach war, um sich dem Machthunger seiner Tierseele zu entziehen. Er tut mir ganz offen gesagt einfach leid :(
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Offline Thiod

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Re: Wir und unsere Antagonisten
« Antwort #5 am: 24. Juni 2014, 22:20:38 »
Oh, der Arme. Da hat mein Xelbot doch ehrlich gesagt noch deutlich mehr eigene Schuld. Allerdings glaube ich daran, dass uns zu einem großen Teil unsere Umwelt, zu einem kleinen Teil unsere Gene und vielleicht noch das Schicksal prägen. Wir selbst können, wenn wir an einen Punkt kommen, dass wir bemerken, welche Richtung es mit uns nimmt, vielleicht noch etwas versuchen, auf uns selbst einzuwirken. Deshalb kann jeder, der den falschen Weg geht in gewisser Weise noch immer ein Opfer der Umstände und vielleicht auch seiner selbst sein - was nicht heißt, dass er für seine Taten entschuldigt wäre, nur, dass man ihn verstehen kann und nicht vergisst, dass er eine Person mit Gefühlen und einer Geschichte ist.
Dein Leon scheint auch so ein Opfer der Umstände zu sein, nach allem, was du erzählt hast. Erfährt der Leser das bei dir auch, oder ist das eine Hintergrundinfo, die du nur selbst hast, um ihn zu verstehen?
Mir selbst geht es häufig so, dass ich die Geschichte ja aus Sicht der Protas erzähle, und da die ein sehr einseitiges Bild vom Anta haben, erfährt der Leser dessen Hintergrund bestenfalls in einer Geschichtsbuchartigen Zusammenfassung. Natürlich könnte der Anta selbst erzählen - aber ich stehe nicht auf Antas, die das Gefühl haben, dem Prota ihre Seele ausschütten zu müssen - und daher befürchte ich, dass gerade der emotionale Teil der Geschichte des Antas eine Sache zwischen ihm und mir bleibt. Ich habe daher den Vater des Protas zu einem ehemals nahen Freund des Antas gemacht, um ein wenig Licht darauf zu werfen. Viele Details wird aber trotzdem wohl niemand außer mir erfahren. Obwohl ich überlege, ein paar Oneshots mit Xelbot zu schreiben, sozusagen "Bonusmaterial".

Viele Grüße,
Thiod.
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Offline Writing_Chrissi

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Re: Wir und unsere Antagonisten
« Antwort #6 am: 24. Juni 2014, 22:58:17 »
Zitat
Dein Leon scheint auch so ein Opfer der Umstände zu sein, nach allem, was du erzählt hast. Erfährt der Leser das bei dir auch, oder ist das eine Hintergrundinfo, die du nur selbst hast, um ihn zu verstehen?
Bis jetzt habe ich vor, dass das alles zum Ende hin aufgedeckt wird und ich habe letztens festgelegt, dass Leon noch die Chance bekommt, sich zu entschuldigen, bevor er stirbt. Er wird nämlich vom Einfluss der Wolfsseele in ihm befreit und dadurch kommt dre Mensch zum Vorschein, der er eigentlich ist :'(
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Offline Tintenflügel

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Re: Wir und unsere Antagonisten
« Antwort #7 am: 25. Juni 2014, 14:27:52 »
Ich liebe meine Antagonisten, deswegen wird ihnen auch so mancher Ruhm bei mir eingeräumt. Nur leider müssen sie am Ende dann immer scheitern, damit die Geschichte weitergehen kann. Denn irgendwie kann man eine Geschichte gar nicht aus der Sicht eines Antagonisten erzählen, denn wenn man es tut, ist er ein "Anti-Held", was ihn schon wieder ein bisschen gut macht.
Aber ich steh auf meine Antagonisten. Meistens hat sich ihr Hass und Zerstörungswahn aus Enttäuschungen aus ihrer Vergangenheit entwickelt und ich kann ihren Hass auf die Welt gut nachvollziehen (Nein, diese Aussage soll jetzt keinen Anstoß zu psychologischen Gesprächen geben!  ;D)
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-Erik Satie-

Offline Thiod

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Re: Wir und unsere Antagonisten
« Antwort #8 am: 25. Juni 2014, 15:19:22 »
Keine Sorge, wir schicken dich nicht auf die Couch ;D.
Was die Antas als Hauptfiguren angeht, glaube ich, dass es sehr schwer ist, dann noch darzustellen, dass sie böse sind. Der Anta sind sie dann ja sowieso nicht mehr. Und wenn man die Welt durch ihre Augen sieht, dann sieht man ja auch ihre Betrachtungsweise. Man würde sehr leicht ihre Weltsicht für die Richtige halten. Denn so ganz nett sind normale Portas ja teils auch nicht. Vorallem in der Sorte Fantasy, in der viele Schalchten geschlagen werden und noch Könige herrschen, sind ja im Grunde die Guten und die Bösen gleichermaßen am Leute metzeln und absolutistisch herrschen - da ist es ja nur die Ideologie, die den Unterschied macht. Aber irgendwann will ich mich doch an so eine Dark-Prota-Geschichte wagen, einfach, um es auszuprobieren und weil ich meine Antas so mag.

Viele Grüße,
Thiod.
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Offline Thea

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Re: Wir und unsere Antagonisten
« Antwort #9 am: 18. Dezember 2018, 19:47:25 »
Ich schätze, ich rühre tatsächlich mal ein bisschen die Reihenfolge hier durch und belebe sehr alte Sachen wieder ^^
Das Projekt, an dem ich gerade schreibe, ist so eine Art Experiment für mich: Ich habe nur "einen" Ort (es ist ein Zeltlager an einem See, also ein bisschen kann ich schon variieren. Ich habe ein Waschhaus, eine Hütte für falls es regnet, und eben Zelte und den Strand, aber im Großen und Ganzen ist es ein Ort), zwölf Hauptfiguren, zwei Nebencharaktere, die tot sind, aber häufig erwähnt werden, weil sie für die Geschichte wichtig sind, und um die fünf Perspektiven. Ja, Perspektiven. Ja, das war wahrscheinlich nicht die beste Idee. ^^ Eigentlich finde ich es nicht mal schlecht, wie gesagt, es ist rundum ein Experiment. Nur ist es eben nun tatsächlich so, dass die meisten dieser Charaktere für einen anderen ein Antagonist sind. Das ist das Spannende daran. Ich habe viele Perspektiven zu schreiben, die sich teilweise gegenseitig nicht mögen, und trotzdem kann ich niemanden als "den Bösen" darstellen. Das mag ich.
Naja, doch, eine hab ich da: Sie heißt Rosemarie und steckt mit ihren Weltansichten irgendwo im Mittelalter fest. Sie ist unterschwellig rassistisch, eindeutig homophob, und Anti-Feministin (Sie findet es fast schon ekelhaft, wenn eine Frau den Heiratsantrag macht, "das gehört sich nicht", oder wenn ein Mann hauptberuflich Vater ist und die Mutter das Geld verdient. Und wenn eine Frau überhaupt keine Kinder will, dann auf den Scheiterhaufen damit, so ungefähr) Sie ist in der Geschichte keine wirkliche Antagonistin, da gibt es für die Geschichte schlimmere, nur ich persönlich habe sehr mit ihr zu kämpfen.
Wie sieht es bei euch aus? Irgendwelche neuen Antagonisten?
Viele Grüße,
Thea
Je mehr Achtung du auf Worte verwendest, desto mehr verlangen sie - Luther

Offline Thiod

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Re: Wir und unsere Antagonisten
« Antwort #10 am: 19. Dezember 2018, 14:02:18 »
Schwer zu sagen, ich habe gerade eine massive Fanfiction-Phase, von daher habe ich gerade nicht viele eigene Figuren am Start.

Viele Grüße,
Thiod.
Wissen ist Macht - Phantasie ist Freiheit